Anette und Harald Groß aus Pfeffingen in der Eifel haben damals angeboten, Flüchtlinge aufzunehmen. Eines Abends kam der Anruf mit der Frage, ob sie sich vorstellen können, eine 13-köpfige Familie aus Saporischschja aufzunehmen. Im SWR1 Interview erzählt uns Harald Groß die ganze Geschichte.
SWR1: Was haben Sie nach diesem Anruf damals gedacht?
Harald Groß: Meine Frau und ich haben das gemeinsam gehört und dachten dann, das wird aber schwierig. Das können wir nicht. Dann haben wir uns besonnen und überlegt. Wir sollten ja direkt zurückrufen, was wir dann auch getan haben. Wir haben uns gesagt, doch, wir können das mal ausprobieren. Wir können den Leuten eine Station geben, wo sie erst einmal sein können und merkten dann, dass es klappt. Und dann hat sich das entwickelt.
SWR1: Dreieinhalb Monate haben Sie alle zusammengelebt. Wie hat das funktioniert?
Groß: Das ist richtig. Wir haben ein großes Haus mit zwei Gästezimmern, die wir nutzen konnten. Wir haben einen großen Jugendraum, in dem wir Pfadfinderarbeit machen und so war eigentlich für diese Zeit Platz. Wir mussten, um das zu tun, unsere Komfortzone schon verlassen, aber es hat funktioniert und es hat auch Spaß gemacht.
SWR1: Gab es Grenzen, gab es mal Streit, oder haben Sie irgendwann einmal gedacht, jetzt reicht es?
Groß: Es gab Grenzen, es gab aber keinen Streit. Es gab auch Momente an denen wir gesagt, haben, jetzt wird es Zeit, dass die Familie etwas anderes findet. Diese Lösung war ja von Anfang an nicht auf Dauer ausgelegt. Es war klar, dass sie eine Zeit lang bei uns wohnen können, bis wir etwas gefunden haben, wo sie dauerhaft wohnen können.
SWR1: Wie haben die Ukrainer sich denn damals gefühlt, als sie bei Ihnen ankamen; schockiert, traumatisiert, ängstlich?
Groß: Ich würde sagen, sie waren traumatisiert. Sie kamen ja aus Saporischschja und der Pflegevater hat uns erzählt, dass er die letzten Nächte mit den Pflegekindern im Keller verbracht hat, weil in der Nachbarschaft Detonationen zu hören waren. Und dann die lange Fahrt, auf der sie nicht wussten, wo sie hinfahren und was am Ende auf sie wartet, wo sie unterkommen werden.
SWR1: Inzwischen lebt die Familie in einer eigenen Wohnung. Sie helfen aber weiter?
Groß: Richtig, wir schreiben Briefe oder versuchen bei Missverständnissen mit Behörden zu vermitteln. Da versuchen wir irgendwie zu helfen, weil die Sprache bei ihnen immer noch nicht da ist. Deutsch ist schon schwierig für sie. Deshalb helfen wir immer noch, wo es möglich ist.
SWR1: Wie hat denn diese gemeinsame Zeit mit der ukrainischen Familie Sie verändert?
Groß: Im Nachhinein denke ich, dass das Leben dadurch reicher wird. Wir haben neue Freunde gewonnen. Ich habe angefangen, Russisch zu lernen, was ich nach wie vor weiter tue.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.