Demolierte Teile des Dachs der Stuttgarter Oper als Klima-Mahnmal im Eckensee in Stuttgart

Drei Jahre nach schwerem Unwetter

BW-Finanzminister Bayaz will Klima-Mahnmal in Stuttgart abreißen lassen

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Henning Otte
SWR-Reporter und -Redakteur Henning Otte, SWR Landespolitik

Ein Sturm riss im Sommer 2021 bei der Stuttgarter Oper Teile des Dachs herunter. Die Politik ließ das zerknüllte Kupferdach als Denkmal aufstellen. Nun will der grüne Finanzminister es abreißen lassen.

Ist das Kunst oder kann das weg? Zwei Jahre nach Einweihung des Mahnmals für den fortschreitenden Klimawandel in Stuttgart will der grüne Landesfinanzminister Danyal Bayaz das demolierte Kupferdach der Stuttgarter Oper wegräumen und verschrotten lassen.

In einer E-Mail an den SPD-Landtagsabgeordneten Martin Rivoir, der seinerzeit die Idee für das Denkmal hatte, lässt der Minister erklären: "Es war als Mahnmal auf Zeit angelegt." Nächste Woche Donnerstag werde das Kupferknäuel aus dem Eckensee vor der Oper - in Sichtweite zu Landtag und Finanzministerium im Neuen Schloss - mit einem Autokran angehoben und dann abtransportiert.

Widerstand gegen Abriss: "Mahnmal ist Kult"

Rivoir hat kein Verständnis für die Entscheidung. "Dieses Mahnmal hier ist in der Zwischenzeit Kult", sagte der SPD-Politiker dem SWR. Auch bei den Grünen gibt es dem Vernehmen nach Widerstand. Bayaz ist jedoch entschlossen, das Mahnmal, das auf Landesgrund steht, loszuwerden. Für die Liegenschaften des Landes ist das Finanzministerium zuständig. In der Mail an Rivoir heißt es: "Die staatliche Münze hatte noch geprüft, ob sie das Kupfer verwerten könnte. Das ist leider nicht möglich. Deshalb wird das Kupfer dem regulären Recycling zugeführt." Es war überlegt worden, eine Art Klimataler aufzulegen.

SPD hört den "Amtsschimmel wiehern"

Für den SPD-Abgeordneten Rivoir ist die Begründung, dass das Mahnmal nur auf Zeit aufgestellt worden sei, hanebüchen. Da höre er den "Amtsschimmel wiehern". Er verstehe nicht, warum man das Mahnmal nicht für zehn Jahre oder bis zum Abschluss der Opernsanierung stehen lässt. Das Land könne sich das doch selbst genehmigen. "Da haben sich die Stuttgarter und die Gäste, die hierherkommen, jetzt daran gewöhnt. Und ich glaube, das sollte bleiben."

Im Eckensee vor der Oper in Stuttgart befindet sich das Mahnmal für den fortschreitenden Klimawandel - Teile des Operndachs, die ein Sturm im Sommer 2021 heruntergerissen hatte.
Im Eckensee vor der Oper in Stuttgart befindet sich das Mahnmal für den fortschreitenden Klimawandel - Teile des Operndachs, die ein Sturm im Sommer 2021 heruntergerissen hatte.

Ministerium: Abriss aus Sicherheitsgründen wegen der EM

Mittlerweile habe der Minister nachgeschoben, das Dach müsse aus Sicherheitsgründen weichen, damit keine Fußballfans während der Europameisterschaft ab Mitte Juni darauf herumklettern. Auch diese Begründung hält Rivoir für vorgeschoben, schließlich könne man jetzt schon auf das Mahnmal, wenn man das wolle.

Auf Nachfrage des SWR erklärte ein Sprecher des Finanzministeriums, die Installation des Kupferknäuels im Eckensee sei "eine durch den Denkmalschutz zeitlich befristete Ausnahme und zwar für drei Jahre. Dass es nun schon vor dem Ablauf dieser Frist entfernt wird, hat mit der EM zu tun. Bei der EM werden tausende Menschen rund um den Eckensee unterwegs sein."

Für Kupferschrott gibt es acht Euro pro Kilogramm

Rivoir hält es für einen Widerspruch, dass ausgerechnet ein Grüner das Klima-Mahnmal wegräumen lassen wolle. Der SPD-Mann spottete, Bayaz wolle an der Verschrottung noch verdienen. "Wahrscheinlich will das Finanzministerium sich das Geld sichern, das man für das Kupfer auf dem Markt in der Zwischenzeit bekommt."

Für Kupferschrott erhält man derzeit etwa acht Euro pro Kilogramm, wenn man mehr als 100 Kilo abgibt. Laut Finanzministerium hat das Denkmal ein Gewicht von zwei Tonnen. Umgerechnet wäre ein Verdienst von 16.000 Euro möglich. Allerdings müssen die Kosten für den Abtransport noch gegengerechnet werden.

Rivoir verwies darauf, dass eine Nachbildung des Mahnmals in der Neuinszenierung von "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" in der Stuttgarter Staatsoper zu sehen sei. "Dort schwebt es als Nachbau von der Bühne herab, wenn ein Unwetter über die Stadt Mahagonny hinwegzieht." Es sei doch absurd, dass das Mahnmal in der Oper vorhanden sei und außerhalb nun abgebaut werden solle. "Das klingt so ein bisschen nach Schilda."

Operndach war schon vor Sommersturm marode

Das Dach stammt aus dem Jahr 1911 und galt bereits vor dem Sturm im Juni 2021 als marode. Bei dem Unwetter am 28. Juni war ein Teil davon durch die heftigen Böen abgedeckt worden. Kupferteile waren auf den Vorplatz des Opernhauses gestürzt. Bei seiner Idee für das Denkmal hatte Rivoir sich vom Aktionskünstler Joseph Beuys inspirieren lassen. Hier sei die Natur zur Künstlerin geworden, so der SPD-Politiker. Bayaz hatte damals gesagt, er finde die Idee richtig gut, denn sie habe eine starke Symbolkraft.

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