Ein Professor macht eine Vorlesung im Luftschutzbunker der Universität Dnipro.

Heilbronner DHBW-Professor

Durch Vorlesungen in der Ukraine Hoffnung geben

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AUTOR/IN
Luisa Funk

Immer weniger Leute spenden für die Menschen in der Ukraine. Doch ein Heilbronner Professor engagiert sich dennoch: mit Vorlesungen an einer ukrainischen Universität.

In der Region Heilbronn-Franken spenden laut Vereinen und Initiativen immer weniger Menschen für die Ukraine und die Bewohner vor Ort. Thorsten Krings ist Professor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn. Er möchte sich entgegen dem Trend stärker engagieren, indem er Vorlesungen an einer Universität in der Ukraine gibt. Dadurch will er den Studierenden Hoffnung schenken.

Vorlesungen im Kriegsgebiet

"Auf den ersten Blick wirkt alles normal. Wenn man in die Hochschule reingeht, ist mir zuerst aufgefallen, dass die Fenster überall mit Klebeband beklebt sind. Das ist keine Innendekoration, sondern soll die Leute schützen, falls eine Bombe hochgeht und dann die Fenster zerspringen", erzählt Thorsten Krings von seinem ersten Besuch an der Universität in Dnipro im September des vergangenen Jahres. Auch die Vorlesungen waren anders, denn sie wurden immer wieder vom Fliegeralarm unterbrochen. Dann mussten alle runter in den Luftschutzbunker. Oft ist der Alarm schnell wieder vorbei, da er auch ausgelöst wird, wenn russische Flugzeuge starten. An einem Tag mussten sie allerdings zwei Stunden im Bunker sitzen.

Das ist schon ein mulmiges Gefühl, wenn man da unten sitzt, während oben eventuell die Bomben fallen.

Thorsten Krings gibt in Dnipro drei Vorlesungen, eine davon auf Deutsch. Durch die Vorlesungen in der Ukraine fühle er sich nicht mehr so hilflos und ohnmächtig, erzählt er. Er möchte den Menschen helfen, indem er das tut, was er seiner Meinung nach am besten kann: Lehren. "Ich war auch lange Führungskraft. Was ich auch gut kann, ist Leute motivieren und in unsicheren Zeiten Sicherheit geben", so Krings.

Bei den Menschen vor Ort schwindet die Hoffnung

Krings hat auch nach seinem Besuch in der Ukraine mit den Studierenden Kontakt gehalten. Er trifft sich wöchentlich mit ihnen, um Deutsch und Englisch zu üben. Dadurch bekommt er mit, wie es den Menschen vor Ort geht. "Die Leute, die im September noch sehr zuversichtlich waren, sind inzwischen bedrückt und ängstlich", erklärt er. Bei seinem ersten Besuch hätten sich die Studierenden noch gefreut, zur Hochschule zu gehen. Sie hätten Pläne geschmiedet für die Zeit nach dem Krieg. Doch jetzt hätten die Studierenden Angst, zur Uni zu fahren, weil sie befürchten, dass eine Bombe in den Bus einschlägt. Der Gedanke an ein Leben nach dem Krieg ist laut Krings nicht mehr präsent in den Köpfen.

Der Heilbronner Dozent Thorsten Krings mit Studierenden in Dnipro.
Der Heilbronner Dozent Thorsten Krings mit Studierenden in Dnipro.

Deshalb fährt Thorsten Krings Anfang Mai nochmal nach Dnipro. Die Stadt ist im April stark bomardiert worden. Sein letzter Besuch habe den Menschen aber viel Hoffnung gegeben. "Es ist wichtig, den Leuten zu sagen, dass sie eine Zukunft haben und wir im Ausland daran glauben", erklärt Krings. Er möchte den Studierenden durch seine Vorlesungen ein Gefühl von Normalität geben.

Im Wesentlichen ist es 10 Prozent Vorlesung und 90 Prozent Hoffnung spenden, was ich da mache.

Für ihn sind Vorlesungen an der Universität in einem Kriegsgebiet auch ein Akt des Widerstandes. Krings ist der Meinung, es sei ein Zeichen, sich von den Widrigkeiten nicht unterkriegen zu lassen, sondern das zu machen, was für die Zukunft von jungen Menschen wichtig sei. Denn Bildung ist für Thorsten Krings ein Menschenrecht: "Es kann nicht sein, dass eine imperialistische Großmacht versucht, einer ganzen Generation dieses Recht zu nehmen."

Weniger Spenden für die Ukraine

Die Diakonie Schwäbisch Hall erklärt, die Spendenbereitschaft für die Ukraine sei in den letzten Monaten zurückgegangen. Das habe unter anderem damit zu tun, dass es inzwischen keine Spendenaufrufe mehr gebe. Gaby Degen aus Neuhausen Worndorf (Kreis Tuttlingen) sammelt mit ihrer privaten Initiative "Ukraine-Hilfe Boldolzer Dorfstüble" Spenden für die Ukraine. Auch sie hat bemerkt, dass sich die Spendenbereitschaft verändert hat. Es würden nur noch diejenigen spenden, die auch wüssten, dass die Spenden wirklich vor Ort ankommen, so Degen. Denn viele Leute würden nicht mehr die Bilder im Fernsehen oder Internet von den Menschen vor Ort sehen.

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